14 Tage im September

In den letzten zwei Wochen habe ich etwas gemacht, was ich eigentlich immer für mich ausgeschlossen hatte: ich stand in der Innenstadt und habe für Stimmen bei einer Wahl geworben. Nun ich denke es ist nicht schwer zu erraten für welche Partei ich geworben habe – bin aber (noch) kein Mitglied. Auch wenn es am Ende nicht für den eigenen Balken gereicht hat, blicke ich positiv auf diese zwei Wochen zurück und bin mit dem Ergebnis zufrieden. Meine persönlichen Highlights waren zum einem ein Rentner, dem ich erklären konnte, dass man löschen und nicht sperren muss, sowie eine Studentin, die an den Stand kam mit der Aussage, dass sie auf dem Weg zum Wählen im Rathaus ist und überzeugt werden möchte. Am Ende hat sie Infomaterial für ihre Mitbewohner mitgenommen.

Insgesamt hab ich (gläsernes Mobil miteingeschlossen) an fünf Infoständen teilgenommen. Jedes Mal war es an einem anderen Ort und jedes mal war es anders. Es ist interssant wie in einer Stadt wie Mannheim ein einzelnes Quadrat ein komplett anderes Publikum anzieht.

Von den Erfahrungen vom Infostand hätte ich bedeutend mehr Stimmen für die Piraten erwartet. In der Innenstadt kamen wir an die fünf Prozent ran, in der Neckarstadt konnten wir sie sogar knacken. Dennoch hätte ich bedeutend mehr erwartet. Andere Parteien hatten bedeutend kleinere Infostände, mit weniger Personal besetzt und auch nicht die komplette genehmigte Zeit, sondern nur ein paar Stunden. Wobei man anmerken muss, dass zumindest die SPD gewandert ist, daher schwer zu sagen, wie lange sie tatsächlich als standen.

An den Infoständen konnten wir bedeutend mehr Leute anziehen. Viele sind auf uns zugekommen und haben direkt gesagt, dass sie Piraten wählen werden. Viele – vor allem ältere – haben uns für unser politischen Engagement gelobt. Vielleich doch für einige überraschend, dass die eigentlich als politikverdrossen geltende Jugend sich für Bürgerrechte und Grundgesetz einsetzt.

Nun zurückblickend mit dem erzielten Ergebnis denke ich, dass ich eine selektive Wahrnehmung hatte. Ich sah wie fast jeder, der zu uns an den Stand kam uns sagte, dass er Piraten wählt und ich sah, wie sich zum Beispiel bei den Linken niemand für den Stand interessiete. Es scheint wohl doch sehr viele Wähler zu geben, die in ihrem Lager wählen und nicht in der Innenstadt den Wahlkampf besuchen.

An einem Infostand zu stehen und den Leuten immer wieder das gleiche zu erklären ist doch bedeutend anstrengender als ich erwartet hatte. Aber ich hab an mir selbst gemerkt, dass ich zu Ende bedeutend sicherer die Ziele der Piratenpartei erklären konnte und auch mit den kritischen Themen wie Tauss und Junge Freiheit besser zurecht kam. Tauss war sicherlich eines der am schwierigsten zu vermittelnden Themen. Viele Leute konnten nicht verstehen wie man jemanden in die Partei aufnehmen kann, obwohl er verdächtigt wird bzw. angeklagt wurde. Eigentlich beängstigend für wie viele die Unschuldsvermutung bei einem Thema wie Kinderpornographie nicht mehr gilt. Manche konnten sich das komplexe Thema erklären lassen, für andere sind die Piraten unwählbar, wegen der Personalie Tauss. Persönlich denke ich, dass Tauss langfristig für die Partei ein Gewinn ist, auch wenn es bei der ersten Wahl vllt. ein paar Stimmen gekostet hat.

Nun wie geht es weiter? Die Piraten haben (zum Glück) den Einzug in den Bundestag nicht geschafft. Es wäre natürlich interessant gewesen und mMn die gerechte Strafe für Frau von der Layen, aber genau betrachtet wäre die Partei darauf nicht vorbereitet gewesen. Nun gilt es also den Schwung der Partei mitzunehmen und zu bewahren. Einen klaren Erfolg haben die Piraten sicherlich erreicht: Guido Westerwelle nennt die Bürgerrechte wieder als ein Ziel für seine Regierung. Klar sieht er die zwei Prozent und denkt sich “das könnten meine sein” und nun hat er die Chance zu beweisen, dass er es Ernst meint. Die Piraten werden ihn bewachen und am Ende ihn an seinen Taten messen und somit Material für den nächsten Wahlkampf haben. Sollte wider Erwarten die FDP sich wirklich für die Bürgerrechte einsetzen und somit die Piratenpartei obsolete machen, habe ich auch kein Problem damit. Mir geht es in erster Linie um die Sicherung des Grundgesetzes und der Bürgerrechte.

Wenn ich mir das Wahlergebnis – insbesondere das Ergebnis der SPD – anschaue, so stelle ich fest, dass endgültig die Zeit der Volksparteien vorbei ist. In BW liegt sie nur ein Prozent vor der FDP. Das zeigt dass der Bevölkerung einzelne Themen bedeutend wichtiger sind und sie Parteien mit einer “Kernkompetenz” wählen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet scheint der wenige Themenwahlkampf der Piraten eigentlich langfristig die richtige Strategie zu sein. Dennoch muss die Partei zur nächsten Wahl ein umfassendes Programm ausarbeiten – die Leute auf der Straße verlangen danach. Die Ausrede “junge Partei” zieht vllt. bei der ersten Wahl, bei der zweiten sicherlich nicht mehr.

One Reply to “14 Tage im September”

  1. Wow, hatte nicht gedacht, dass du ein echter Piraten-Aktivist bist. Ich zähl mich momentan noch eher zu den Sympathisanten, aber das könnte sich auch noch ändern.

    Jedenfalls ein dickes DANKE für dein politisches Engangement. Und noch eins dafür, dass es bei den Piraten ist 🙂

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